Rookie des Monats: Ratsherr Andreas Hellmann (24)

Essens jüngster Entscheider

Kategorie: Rookie des Monats

Essens jüngster Entscheider

 

Der 24-jährige Andreas Hellmann hat bereits eine  beachtliche politische Karriere hingelegt. Er ist Essens jüngster Ratsherr, Vorsitzender der Bredeney FDP und Aufsichtsratsmitglied von drei Firmen. Warum er sich politisch engagiert, wie viel Aufwand ihn das kostet und ob er überhaupt noch Zeit für sein Jura-Studium findet, erzählt uns Andreas im Rookie-Interview.

 

Der Rat der Stadt Essen ist das wichtigste Entscheidungsgremium der Stadt. Er wird bei der Kommunalwahl durch die Bevölkerung gewählt. Im Rat sitzen 81 Mitglieder aus neun Parteien, um über das Wohl der Stadt zu entscheiden. Das Durchschnittsalter liegt bei über 60 Jahren. Mit seinen 24 Jahren ist Andreas Hellmann mit großem Abstand das jüngste Mitglied im Rat. Bereits seit drei Jahren vertritt der junge Bredeneyer hier die Interessen der Menschen unserer Stadt.

 

Andreas, du bist Essens jüngster Ratsherr. Wie kann man sich die Arbeit im Rat der Stadt Essen denn so vorstellen? Man redet, diskutiert und stimmt schließlich ab über die politischen Entscheidungen in Essen. Die Arbeit ist vergleichbar mit der in der Bundes- oder Landespolitik, aber die Kommunalpolitik ist die direkteste Form der Politik, da sie am nächsten am Bürger ist. Wenn wir im Rat schlechte Entscheidungen treffen, kann es passieren, dass wir auf der Straße darauf angesprochen werden. 

Was sind deine Beweggründe, dich politisch für Essen zu engagieren? Wenn man sich dafür zu schade ist, sich zu engagieren und einzubringen, weil's die anderen schon richten, dann entscheiden hinterher Leute für einen, die dümmer sind als man selbst. Da nehme ich die Dinge lieber selbst in die Hand und entscheide mit, wie mein Wohnumfeld und mein Leben in dieser Stadt aussehen soll.

Der Rat der Stadt Essen

Du bist nun also Ratsmitglied, Vorsitzender der FDP in Bredeney und Aufsichtsratsmitglied von drei Firmen, an denen die Stadt Essen beteiligt ist. Wie viel Zeit nimmt das denn alles in Anspruch? Ungefähr einmal im Monat ist eine Ratssitzung, die um 14 Uhr beginnt und gerne mal bis tief in die Nacht geht. Besonders bei kritischen Themen kann es echt lange dauern. Der Vorteil ist, dass es dann sogar Verpflegung in Form eines Abendessens gibt. Dann muss ich zuhause nicht mehr kochen (lacht). Ansonsten ist jede Woche vollgepackt mit Fraktionssitzungen, Sitzungen des Fraktionsvorstandes, Aufsichtsratssitzungen und weiteren Veranstaltungen und Treffen der Partei. Das kostet natürlich alles viel Zeit, aber das Anstrengendste sind die ganzen Unterlagen, die man lesen muss, wenn man es ernst nimmt.

Was denn für Unterlagen? Das sind Schriftsätze  und Vorlagen zu den aktuellen politischen Themen in der Stadt. Es ist so, dass man immer Pakete nach Hause  geschickt bekommt, mit mehreren hundert Seiten Papier, die oftmals sogar unsortiert sind. (lacht) Als Ratsherr muss man natürlich immer über alles informiert sein. Man arbeitet die Seiten dann durch und bildet sich seine eigene Meinung zu jedem Thema. Auf dieser Grundlage kann man zum Beispiel einen Redebeitrag formulieren, den man anschließend im Rat der Stadt vorträgt, um die anderen Ratsmitglieder für seine Meinung zu gewinnen. Ganz wichtig ist es deswegen, zu allen Themen »sprachfähig« zu sein. 

Was bedeutet  denn »sprachfähig sein«? Man wird natürlich ständig auf aktuelle Themen angesprochen.  Egal ob man Brötchen holt oder in einem Café sitzt. Man sollte daher schon wissen, worum es geht und einen Standpunkt vertreten können. Als zum Beispiel das Jugendzentrum geschlossen werden sollte, wurde ich in den unmöglichsten Situationen darauf angesprochen: »Mensch, warum macht ihr das?« Sogar am Wochenende in der Disko kamen Leute auf mich zu. Da muss man dann sprachfähig sein, auch wenn man vielleicht gar nicht mehr sprachfähig ist. (lacht)

 

Als 20jähriger Schüler wurde ich anfangs gar nicht ernst genommen 

 

Wie bist du denn zur Politik gekommen? Ich bin mit 14 Jahren bei den Jungen Liberalen eingetreten. Damals war es so, dass verschiedene Politiker bei uns an der Schule waren, um etwas über die anstehende Kommunalwahl zu erzählen. Als der Lehrer anschließend eine Umfrage zur politischen Meinung in der Klasse machte, fiel mir auf, dass ich viele Dinge anders und liberaler gesehen habe als meine Mitschüler. So habe ich angefangen, mich für die Politik zu interessieren. Ich bin dann immer öfter zu Treffen der Jungen Liberalen – Julis (Jugendorganisation der FDP) gegangen. Das waren immer ganz  lockere Treffen in einer Kneipe, bei denen es nicht nur um Politik ging. Irgendwann mussten ein paar Positionen neu besetzt werden, weil Leute aus Essen weggezogen sind. So wurde ich plötzlich Pressesprecher, anschließend stellvertretender Vorsitzender, dann sogar Vorsitzender der Julis Essen. Mit 16 Jahren, also zum frühestmöglichen Zeitpunkt, bin ich dann in die FDP eingetreten.

Wie ging es weiter? Ich gehörte dann dem Bredeneyer Ortsverband der FDP an, der genau wie die anderen Verbände in Werden und Kettwig nur aus wenigen Leuten bestand. Als ich 19 war, wollte man die drei Verbände plötzlich zusammenlegen. Ich habe mich dann stark dafür eingesetzt, dass der Bredeneyer Ortsverband eigenständig erhalten bleibt. So wurde  ich dort später zum Vorsitzenden gewählt. 

Damals warst du der jüngste Ortsvorsitzende in ganz Nordrhein-Westfalen. Wie kam es denn, dass du im Jahr 2009 zum jüngsten Ratsherr in Essen wurdest? Ich war natürlich motiviert und wollte gucken, wie es für mich weiter gehen kann. Damals standen die nächsten Kommunalwahlen in Essen an. Das war genau in der Zeit, in der ich Abi gemacht habe und ich sowieso schon total gestresst war. Es ist üblich, dass die Parteien vor jeder Wahl eine Liste mit den Kandidaten für den Stadt-Rat aufstellen, und hier wollte ich natürlich nicht schlecht bei wegkommen.    

Aber du solltest nicht für die Liste berücksichtigt werden? Natürlich nicht. Als 20jähriger Schüler wurde ich  auch gar nicht ernst genommen. Ich hätte einen Platz auf der Liste ganz weit unten bekommen können, so dass ich keine reale Chance gehabt hätte, in den Rat einzuziehen. 

Was hast du dann gemacht? Ich habe mich der Aufgabe gestellt, weil ich es doch noch schaffen wollte. Es war ein Sprung ins kalte Wasser. Ich hatte vorher maximal vor 30 Leuten in der Schulklasse gesprochen und musste plötzlich eine richtige Rede vor 200 Leuten beim Parteitag halten. So was kann man vorher nicht üben. Außerdem habe ich viele Einzelgespräche geführt, um die Parteifreunde persönlich davon zu überzeugen, mich zu wählen. Das war wirklich viel Aufwand. Ich hatte das Glück, dass die Liste später neu gewählt wurde und ich dann auf dem vierten Rang landete. Der hat schließlich dafür gereicht, dass ich nach der Wahl in den Rat der Stadt eingezogen bin. 

Andreas mit FDP-Mann Christian Lindner.

Hast du denn dein Abi während dieser Zeit überhaupt gut hinbekommen? Ich hatte natürlich viel zu tun und war rund um die Uhr im Stress. In der Abizeitung stand über mich hinterher der Kommentar: »War öfter in der Zeitung als in der Schule «. (lacht) Es geht natürlich immer besser, aber ich habe das Abi noch ganz gut hinbekommen, also bin ich zufrieden.

Außerdem studierst du Jura in Bochum. Bleibt da denn genug Zeit für? Ja es klappt gut . Der Vorteil ist, dass es an der Uni keine Anwesenheitspflicht gibt und ich daher viel von zu Hause aus lernen kann. Auch gibt es für mich viele spannende Schnittpunkte zwischen meinem Studium und meiner Tätigkeit im Rat der Stadt, so dass es sich gut verbinden lässt. 

Hast du denn noch Zeit für Hobbys? Ich bin ein großer Amerika-Fan und reise sehr gerne. Es ist ein glücklicher Zufall, dass meine Semesterferien und die Sommerpause im Rat zur gleichen Zeit stattfinden. Im letzten Sommer war ich sechs Wochen mit dem Auto in den USA unterwegs und habe Freunde getroffen. Und über Silvester war ich in New York und habe am Times Square ins neue Jahr gefeiert.

Wie siehst du deine Zukunft? Ich mag die politische Arbeit und möchte das auch in Zukunft gerne weitermachen. Aber man muss immer bedenken, dass Politik eine Gestaltungsaufgabe auf Zeit ist, die mit jeder Wahl zu Ende gehen kann. Daher möchte ich auf jeden Fall zuerst mein Studium abschließen. Falls ich irgendwann nicht mehr in der Politik arbeiten sollte, kann ich mir gut einen Beruf als Berater an der Schnittstelle zwischen Kommunalpolitik, Verwaltung und städtischen Firmen vorstellen. 

 

> www.fdp-fraktion-essen.de

> Andreas Hellmann im Rat der Stadt Essen

 

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